2.-3. März 2012: 200km Plus - eine Tagesfernfahrt der besonderen Art

"200km Plus", so einfach hiess die Formel und das Ziel unserer Rad-Ausfahrt. Jeder von uns wollte diese Distanz von "200 km an einem Tag" knacken. Keiner hatte diese Distanz jemals gefahren. Von Hua-Hin über Dolphin Bay - Prachuapo Khiri Kan - nach Ban Krut war die Strecke, alles mehr oder weniger der Meeresküste entlang.

Für mich ein grosse Herausforderung und Challenge, wie es die Amerikaner so treffend formulieren. Wird mein Körper dies aushalten? Wie wird er auf diese Parforceleistung reagieren? Bei Gegenwind ab Mittag? Bei 35°C Hitze im Schatten? mit einem Helm, der nicht vor der Sonne, sondern vor einem etwaigen Sturz schützen soll?

Ich war dennoch zuversichtlich, denn ich erinnerte mich an die vor kurzem absolvierte 1'300km lange "Tour de Thailand" mit einer 140-km-Etappe, die mir keine Schwierigkeiten bereitete. Ich wusste: langsam die Strecke angehen, am Schluss kann man immer zulegen.

Bei einer 100km-Ausfahrt gibt es nicht viel vorzubereiten: 2 Bidon Flüssigkeit und ab geht es. Nun stand aber die doppelte Distanz auf dem Programm. Neuland, sagt man dem.

Bereits in die Vorbereitung versuchte ich all mein Wissen und die Vorschläge meines erfahrenen Freundes Renato Bevilacqua vom Radrennclub Basels (RRCB) einfliessen zu lassen: Mein Specialized-Rennrad habe ich vollständig entfettet und die Schaltung und Kette neu eingeölt. Bereits am Vortag trank ich viel Wasser, um mit 100%igem Wasserhaushalt zu starten, und am Vorabend gab es eine grosse Portion Spaghetti. Zur Fahrt rüstete ich meinen Camel-Bag (Rucksack) mit 1.5 Liter elektrolytischen Getränken. Am Morgen bei Tagwache, um 04:45 notabene, pflegte ich meinen Po vor Abfahrt mit Zinksalbe und meine Assos- Rennhose mit viel Baby-Puder. Eingewickelt und aufgeschnallt auf meinen Camel-Bag nahm ich Shorts, Slip, Shirt und Slipper für den Abend mit.

Wir waren zu viert: Donn Wadey ein Kanadischer Professor an der Universität in Cha-Am, Chris Byrd, ein Amerikaner und der Organisator der "Tour de Thailand" und John Graham, ebenfalls ein Kanadier und hauptberuflich Guide an der Tour d'Asia. Also 2 Profis, der Professor und meine Wenigkeit! Allesamt waren viel jünger als ich, zwischen 40-50 Jahre alt. Sie hätten meine Söhne sein können.

Auf 75 km begleitete uns Adrian Stella, der dann aber abdrehte und wieder zurück nach Hua-Hin fuhr. Für ihn war die hohe Temperatur Grund für seine Absage.

200km Plus: Mit dem Rad von Hua-Hin nach Ban Krut (Teil 1)
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Während der ganzen Fahrt sprach ich meine aktuellen Live-Eindrücke auf mein kleines Diktiergerät:

200km Plus: Mit dem Rad von Hua-Hin nach Ban Krut (2. Teil)
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Nach 202 km langten wir um 17:30 Uhr im Seebad "Ban Krut" an. Wir erreichten dabei eine beachtliche Durchschnitts-Geschwindigkeit von 24 km/h. In Ban Krut übernachteten wir und fuhren am Tag darauf in einer abenteuerlichen Reise mit der thailändischen Eisenbahn in 3. Klasse zurück nach Hua-Hin.

Der Aufenthalt in "Ban Krut" war der Stimmung entsprechend grossartig. Ein neues Hotel "Baan-Good Beach Front" direkt am Meer war unsere Bleibe für eine Nacht. 800 Baht (=SFr. 24.--) kostete das wunderbare Doppel-Zimmer samt Frühstück. Nach dessen Bezug gings zum Italiener zu einer feinen Pizza und ein paar grossen Chang-Beers. Die Nacht war dann weniger wunderbar. Ich schlief schlecht, sehr schlecht und erwachte immer wieder. Mein Körper konnte sich nicht beruhigen und liess mich erst früh am morgen einschlafen.

Die Heimfahrt nach Hua-Hin war dann wiederum abenteuerlich. Wer noch nie in einer thailändischen Eisenbahn gefahren ist, kann dies fast nicht nachvollziehen. Ein Abenteuer mit Spassfaktor:

Zugsfahrt von Ban Krut nach Hua-Hin
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Ich hatte während der ganzen Fern-Fahrt keine Probleme, wenn man von meinem Hintern absieht, der sich auf den letzten 50 km nicht mehr so wohl fühlte, denn die Rennhose war vom Schweiss total durchnässt. (Das nächste Mal müsste ich unterwegs die Rennhose wechseln können).

Die Beine, sprich Kraft, waren jederzeit optimal und hätten noch weiter gereicht. Das Hauptproblem waren der Seitenwind und oft auch Gegenwind vom Meer, sowie die ungeheure Hitze von gegen 35°C. Ich nahm deshalb mehrere Liter Flüssigkeit, auch elektrolytische Getränke, zu mir und kam nie in Gefahr von Dehydratation (Wassermangel im Körper). Ganz im Gegenteil von Chris Byrd, der zum Schluss fast nicht mehr fahren konnte und unseren Fahrschnitt massiv senkte. Er trank nur Wasser ohne Zusatzstoffe und war am Ziel stehend K.O.

Wir kamen überein, das nächste Jahr einen "250er Plus" anzugehen, aber in der kühleren Jahreszeit November/Dezember in Richtung Norden "Kanchanaburi" beim River Kwai, aber mit einem von einer Freundin gefahrenen Begleitfahrzeug, das unser Gepäck und Getränke transportiert.


Nachtrag vom 8. März 2012: In meiner zweitletzten Ausfahrt dieser Thailand-Saison fuhren wir zu dritt eine Strecke 150km, aber in voller Geschwindigkeit und erreichten dabei einen Durchschnitt von 28.5 km/h. Ich muss aber gestehen, dass ich anschliessend mehr kaputt war, als bei der 200km Fahrt, wo wir "nur" 24 km/h schnell waren.

 

Autobiografie von Max Lehmann
Schafmattweg 13, CH-4102 Binningen
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